Historische Bauerntanzgruppe Biberach
Bestehend aus:
26 Tanzpaare (Erwachsene), einer Kindertanzgruppe mit ca. 20 Teilnehmern und 7 Musiker.
Die Historische Bauerntanzgruppe gehört seit 1984 zu den traditionellen Tanzgruppen bei den alljährlichen Auftritten beim ,,Tanz durch die Jahrhunderte“ am Schützenfest in Biberach. Im Gegensatz zu den höfischen Tänzen der Renaissance und des Rokoko, sowie der Bürger des 19.Jahrhunderts befasst sich die Bauerntanzgruppe mit den Sitten, Gebräuchen und den dazugehörenden Tänzen des späten Mittelalters.
Etwa 4/5 der Bevölkerung arbeiteten im 15. und 16. Jahrhundert in der Landwirtschaft. Nur wenigen gelang es, der elenden Leibeigenschaft zu entrinnen und sich zu freien Bauer oder Handwerkern zu erheben. Ein Großteil der Bauern blieb mit schweren Abgaben und Dienstleistungen an ihren Herrn, den Eigentümer ihres Landes, belastet. Es war nicht nur der "Zehnte“, der Arbeitstag begann, wenn die Sonne aufging und endete zur Dämmerung. Keine Versicherung deckte Schäden und keine Organisation sicherte die Rechte der Bauern. Standen sie im Schutze von Klöstern, war zumindest die Arbeitszeit geregelt.
Außerhalb der Klostermauern galt der Bauer als ungesittet und ungebildet.
Hinzu kommt, dass er an manchen Orten Frondienste leisten musste. Diese fielen häufig in die eigene Erntezeit. Als Bezahlung erhielt er Flüche und Fußtritte. Nicht selten wurden Leibeigene und deren Kinder gegen Grundstücke oder Güter getauscht. Das Leben am Rande des Existenzminimum war hart. Die Bauernhütte, erbaut aus Holz, Lehm und Bruchsteinen, besaß ein strohgedecktes Dach, Lehmfußböden und Lichtöffnungen ohne Glasfenster.
Nur wenige Geräte standen dem Bauern für die Feldarbeit zur Verfügung: eine Sense, ein Flegel, ein Holzpflug, der meist von einem Pferd, seltener von einem Ochsen, gezogen wurde.
Das 16.Jahrhundert war eine Zeit offener Gewalttätigkeiten. ,,Niemand geht unbewaffnet aus dem Haus“, schreibt ein Chronist. So trägt der Bauer auch in so genannten Friedenszeiten ein Langmesser, die ,,Bauernwehr“, seltener ein Schwert. Die wachsende Empörung gegen Ungleichheit, Abgaben und Frondienste entlud sich im blutigen Bauernkrieg von 1525, die größte Revolution auf deutschen Boden.
Trotz all der täglichen Mühen und vielleicht gerade deshalb verstand der Bauer Feste gebührend zu feiern. Hochzeiten, Ostern und das Kirchweihfest waren willkommene Gelegenheiten. Dabei wurde getanzt, übermäßig gegessen, getrunken und danach heftig gestritten. Der Bauer als unterernährter und überarbeiteter Mensch trank gewöhnlich etwa 4 Liter Most oder Bier pro Tag.
Bei Festen übernahm er sich gründlich. Freude, Ausgelassenheit und
Lebenswille spiegeln sich in den Tänzen der Bauern anlässlich der Feste.
Besonderen Anlass, solche Begebenheiten darzustellen, bietet die
Historische Bauerntanzgruppe im Rahmen des Lagerlebens beim Schützenfest.
Hauptaufgabe der Gruppe ist es jedoch, die Tänze der damaligen Zeit zu
rekonstruieren und nachzuempfinden.
Schriftliche Anleitungen zu den Tänzen sind nur unzulänglich vorhanden. Die Notizen von Domherr Jehan Tabouret (1520-1595) über Melodien, Tanzschritte und Choreographie gelangten in die Hände von Jehan des Preyz, der diese veröffentlichte und uns damit das grundlegende Tanzlehrbuch überlieferte, auf dem die Kenntnis der Tänze des 16. Jahrhundert beruht. Weitere Anregungen findet man auf zeitgenossischen Holzschnitten und Gemälden, Künstler wie Pieter Brueghel, Albrecht Dürer und Hans Sebald Beham haben ländliche Tanzszenen im Bild festgehalten. Typische Tänze dieser Epoche sind ,,Rund und Reigentänze“ (Branles) mit teilweise pantomimischen Elementen. Auch die von damaligen Sittenwächtern oft verteufelten Dreh- und Hebefiguren kommen dann vor. Die ,,Allemande“ - ,,ein beurisch dantz“ - häufig auch nur ,,Dantz“ genannt, wird paarweise getanzt. Die dabei praktizierte enge Paarfassung galt als unschicklich.
Die Kostüme der Baurntanzgruppe wurden nach zeitgenössischen Darstellungen
gefertigt.
Die eigentliche Musik der Bauern ist nur indirekt überliefert. Bekannte Melodien und Lieder fanden Verwendung, die beim Tanz mitgesungen werden konnten. Schalmei, Dudelsack, Flöte, selten die Drehleier, sind die ikonographisch oder literarisch belegten, typischen Bauerninstrumente.
Die Schalmei des Mittelalters, eine Vorgängerin der Oboe, besaß einen
ungewöhnlichen schrillen Ton, so dass man sie fast ausschließlich im Freien
spielte. Um 1000 war die Schalmei im arabischen Raum bekannt und spätestens
im 12 Jahrhundert durch die Kreuzzüge nach Europa gelangt. Ebenfalls
asiatisch-orientalischen Ursprungs ist der im deutschen Sprachraum unter dem
Namen Sackpfeife bekannten Dudelsack.
Diese nicht leicht zu handhabenden Instrumente werden bei den Auftritten live
von einigen aktiven Bauern gespielt.
Das Tanzprogramm wird stets erweitert und für die Darbietungen ergänzt und
verändert.
Die Größe der Historischen Bauerntanzgruppe mit ca.80 Teilnehmern
und die lebendige Darstellung eines freudigen Bauernvolkes findet auch bei
auswärtigen Auftritten als Vertreter der Heimat Biberach Beachtung.